© Robert Mizerek - Fotolia.com

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Der Trend in der Möbelbranche tendiert zu nachhaltigen, ökologischen Produkten – das zumindest sehen die Fachverbände und Gemeinschaften im Möbelsektor so. Und ob man eine Messe besucht oder ein Möbelhaus, überall wird mit der ökologischen Verträglichkeit der Produkte geworben, zahlreiche Siegel sollen dem Kunden Vertrauen geben. Aber stimmt das? Wird die Möbelbranche tatsächlich „grün“?

Mehr und mehr werden kritische Stimmen laut, die den Verbraucher zur Besonnenheit und zu kritischem Standpunkt ermahnen wollen. Einer davon ist Stefan Kreutzberger, Autor des Buches „Die Ökolüge“. Er spricht von Etikettenschwindel und konstatiert, dass zahlreiche Unternehmen nur so tun, als seien sie „Öko“, es in Wirklichkeit aber gar nicht sind; dass die Vielzahl an vermeintlichen Gütesiegeln auch zur gezielten Verwirrung beiträgt und der Endkunde einen schwierigen Stand hat, da er nur selten in der Lage ist, nachzuprüfen, was hinter diesem oder jenem Öko-Argument steckt. Das Grüne Image scheint mehr und mehr zum Werbegag zu verkommen – besonders ärgerlich ist das für jene Unternehmen, denen es mit dem ökologischen Bewusstsein ernst ist.

Siegelwahn

Siegelwahn

Immer wieder geraten Gütesiegel in die Kritik, die nicht über die nötige Seriosität verfügen. Im letzten Jahrzehnt stand beispielsweise das auch für Möbel relevante Holzzertifikat PEFC, das europaweit verwendet wird, auf dem Prüfstand des WWF Österreich, der bemängelte, dass die Kriterien, nach denen das Siegel für ökologische Waldbewirtschaftung stehen sollte, nicht immer in ausreichendem Maß eingehalten würden. Das wirft ein generelles Problem solcher Zertifikate auf: Selbst wenn die zugrunde liegenden Kriterien durchdacht sind, finden windige Anbieter immer neue Möglichkeiten, sich eingehenden Prüfungen zu entziehen.

Aber auch wenn die Maßstäbe des Blauen Engels, der Ökotex-Zertifikate oder des von der DGM verliehenen Goldenen M eingehalten werden, muss der Kunde wissen, wofür sie stehen und die Standards mit seinen eigenen Ansprüchen abgleichen. Denn Öko ist nicht gleich Öko.

Nehmen wir dafür das Beispiel eines Massivholzbettes: Zuerst besteht die Frage, ob das Bett wirklich zu einhundert Prozent aus Massivholz besteht und um welches Holz es sich handelt, oder ob nicht Teile des Bettes aus Furnier oder vergleichbaren minderwertigeren Stoffen hergestellt sind. Nächste Frage: Womit wurde das Holz behandelt, wie wurde es verarbeitet? Also: Ist das Endprodukt frei von Chemikalien? Wenn all dies positiv beantwortet werden kann, ist das Bett bereits ein Kandidat für das Goldene M oder Ökotex 100 (im Fall von Textilien). Aber woher kommt das Holz, unter welchen Bedingungen wurde es abgebaut und transportiert? Nicht wenige Hersteller setzen im Einkauf auf die ökonomischste Variante, aber Ökonomie und Ökologie vertragen sich selten miteinander. So sind die Arbeitsbedingungen in den Ländern der Rohstoffgewinnung oft miserabel, zudem landen immer wieder große Mengen Edelholz aus illegalen Rodungen auch auf dem deutschen Markt. Das Siegel Ökotex 1000 (die Steigerung von Ökotex 100) soll sicherstellen, dass auch hier die Negativfaktoren minimiert werden.

Fakt ist aber, dass ein Siegel für gänzlich sozial- und umweltverträgliche Ware, das unabhängiger Kontrolle unterliegt, bislang nicht existiert. Für den verantwortungsbewussten Kunden ist es also enorm wichtig, nicht nur genauestens auf die jeweiligen Siegel zu achten und gegebenenfalls per Internet-Suche oder einem Anruf bei der Verbraucherzentrale deren Seriosität zu hinterfragen, sondern auch mit dem Hersteller bzw. Händler ganz offen zu kommunizieren. Wenn man auf kritische Nachfragen ausweichende oder keine Antworten erhält, kann man daraus seine Schlüsse ziehen. Denn Unternehmen, die tatsächlich über ein ökologisches Verantwortungsbewusstsein verfügen, glänzen in der Regel auch mit Transparenz.