Auf der Lounge-Fläche des Fachverbands Matratzen-Industrie in Halle 9 drehte sich während der IMM Cologne 2014 alles um das Thema Neuromarketing. Hat die Bettenbranche ein Marketingproblem? Der Verbandsvorsitzende Dr. Ulrich Leifeld sieht das so und bringt es auch mit den jüngsten Umsatzeinbrüchen in Verbindung, über die im Zuge der Messe allenthalben diskutiert wurde. Im Gespräch mit Schlafen Aktuell erklärt er die Gründe.
Schlafen Aktuell: Die Bettenbranche hat momentan mit massiven Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Woran liegt das?
Leifeld: 2012 war ein schwaches Jahr, 2013 war noch schwächer. Das ist aber kein Grund für große Sorgen. Traditionell konsumieren die Menschen bei stabiler Wirtschaftslage nicht zuerst fürs Schlafzimmer, sondern es geht erstmal um Dinge wie einen schönen Urlaub oder ein neues Auto. Bei negativen Trends profitiert unsere Branche quasi zeitversetzt. Denn in wirtschaftlich schwachen Zeiten wird viel eher in das eigene Heim investiert.
Schlafen Aktuell: Das erste, was auf der Messe ins Auge fällt, ist der anhaltende und wachsende Boxspring-Hype. Haben Sie damit gerechnet?
Leifeld: Nein. Denn die Schlafkultur in Deutschland setzt eher auf ein klassisches System aus Matratze und Unterfederung. Aber der Blick geht in die USA und die skandinavischen Länder, wo Boxspring seit jeher Standard ist. Es findet eine Ästhetisierung des Schlafens statt. Die Optik spielt eine große Rolle. Das ist eine Mode, die gerade auf dem Vormarsch ist, aber mit der Zeit wird der Konsument auch hier für die Qualitätsunterschiede sensibilisiert werden. Erst dann wird man sehen können, ob sich der Trend nachhaltig durchsetzt.
Schlafen Aktuell: Der zweite auffällige Trend sind Matratzen mit Gel-Elementen…
Leifeld: Ich finde, das ist eine interessante Entwicklung, neben beispielsweise Schaum, Federkern und Latex ein weiteres Element zu etablieren, das eine Vorstellung von Körperanpassung vermittelt, denn darum geht es ja im Wesentlichen.
Schlafen Aktuell: Apropos neue Ideen – gibt es Punkte, wo Sie innerhalb der Branche Veränderungsbedarf sehen?
Leifeld: Da kommen wir wieder zur ersten Frage zurück, nämlich dass es seltsam ist, wenn eine Branche von einem Aufschwung nicht profitiert. Eigentlich müsste jeder in der Branche seine Hausaufgaben machen und sich fragen: Warum gelingt es uns nicht, daran anzuknüpfen? Ich habe vor Jahren schon auf der Mitgliederversammlung angeregt, beispielsweise an das Thema Urlaub anzuknüpfen, also an eine Branche, der es bei stabiler wirtschaftlicher Lage gut geht. Urlaub und Schlaf sind Themen, die sich leicht miteinander verbinden lassen. Dafür müsste man mal pfiffig und innovativ sein. Die klassische Werbung mit einer Frau auf einer Matratze spricht zwar die Urinstinkte an, vermittelt aber nicht nachhaltig Neues. In der Kommunikation mit dem Verbraucher muss ganz viel geschehen, meines Erachtens hat auch der Handel noch Lichtjahre an Entwicklung vor sich. Die Impulse dafür müssen aus der Industrie kommen, um letztlich dem Verbraucher zu vermitteln, dass wir ihn dort abholen möchten, wo er steht.
Schlafen Aktuell: Auf der Messe sehe ich viel Werbung für vermeintliche Innovationen gerade im Bereich von Schaummatratzen, aber wenn ich genauer nachfrage, kann mir niemand so recht erklären, was dahintersteckt…
Leifeld: Hier zeigt sich ein Problem der Branche: dass man oft nicht in der Lage ist, dem Verbraucher zu erklären, wo sein persönlicher Nutzen liegt. Die Industrie entwickelt etwas in dem Glauben, der Konsument fände das gut, der aber sieht gar nicht den Unterschied zu dem, was er bisher hatte. Und es gibt ja zwei Möglichkeiten: Entweder das Produkt ist tatsächlich nicht neu. Dann sollte man das sagen, anstatt den Verbraucher zu veräppeln. Denn das wird er merken und sich abwenden. Oder das Produkt ist wirklich neu, aber wir sind nicht in der Lage, es in einfachen Worten zu vermitteln. Die Branche verkauft zu technisch, mit Fremdwörtern, die einem überhaupt nichts sagen, was schon bei den einfachsten Begriffen anfängt.
Schlafen Aktuell: Was ist Ihr persönliches Highlight der diesjährigen Messe?
Leifeld: Zu sehen, dass wir in zwei Hallen stehen, dass das Konzept funktioniert und das Thema „sleep“ gefragt ist wie nie zuvor und dass trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage hier eine wahnsinnig positive Stimmung herrscht. Und mich freut, dass wir mit unserem Thema Neuromarketing, also auch dem Impuls, emotionaler zu verkaufen, auf Interesse stoßen.