Messestand Powersleep
Gesund werden im Schlaf – davon träumen wohl viele Menschen, ebenso sehr wie von Sport ohne körperliche Anstrengung. Alle Jahre wieder findet man die Gesundheit als zentrales Element auf dem Bettenmarkt. Während einige Hersteller nur halbherzig darauf eingehen und ihre Betten einfach als „gesundheitsfördernd“ bezeichnen ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gäbe, gibt es andere, die sich ganz auf das Thema spezialisiert haben, darunter home health products (hhp) aus Karlsruhe und Green Sweet aus Taiwan.
Während Green Sweet sein PowerSleep-Bett (Bild oben-links) auch für den Heimbereich vermarktet, zielt hhp (Bild links) schon eher auf den Gesundheitssektor. Das hat einen simplen Grund: In den hhp-Betten kann man nicht schlafen.
HHP Entspannungsliege
Das Kernprodukt, die Massage-Liege, wird für den Einsatz in Therapie und Reha empfohlen. Das futuristisch aussehende Produkt setzt auf die sogenannte Andullations-Massage: Sie soll durch Stimulation bestimmter Körperregionen die Blutgefäße erweitern und die Durchblutung fördern, innere Verspannungen lösen und dadurch Muskulatur und Rücken stärken – also letzten Endes all das, was für gewöhnlich beim Sport erreicht wird. Mit Blick auf die Einsatzempfehlung und angesichts der Tatsache, dass es Menschen gibt, die beispielsweise nach einem Unfall, wegen Krankheit oder Alter nicht mehr in der Lage sind, sich ausgiebig körperlich zu betätigen, wirkt das sinnvoll.
Green Sweet aus Taiwan hingegen ist ein Fall für sich. „Unsere Betten sind für Menschen, die keine Zeit haben, Sport zu treiben“, sagt Markus Heinig. Das PowerSleep-Bett kann mit nahezu allen Matratzenarten kombiniert werden. Es handelt sich um eine standfeste Plattform, die Matratze und Nutzer in Schwingung versetzt – horizontal und vertikal. In der niedrigsten Stufe ist das nichtmal unangenehm: Ein sanftes Schwingen führt spürbar zu Entspannungseffekten, ähnlich wie im Wasserbett. In der höchsten Stufe von 140 Schwingungen pro Minute wird man kräftig durchgeschüttelt. Der Puls schießt spürbar in die Höhe und natürlich wird dabei die Durchblutung angeregt, was in unzähligen Tests und Studien, die Heinig gerne weiterreicht, nachgewiesen wurden. Das Problem daran ist, dass reine Durchblutungsförderung (und mehr tut das Bett wirklich nicht) nicht auch nur das Geringste mit „Sport im Liegen“ zu tun hat – damit aber wirbt Green Sweet. Beim Sport werden Muskeln trainiert, der gesamte Organismus arbeitet, Hormone werden ausgeschüttet. Wer das im Bett erleben will, der sollte wohl eher auf die mannigfaltigen Varianten des bewährten Matratzensports als auf das taiwanesische Ruckelbett zurückgreifen. Dann klappt es auch mit dem produktbezogenen Werbespruch „Sage „JA“ [sic] zur Bewegung!“ Der andere, „Ein Bett treibt Sport“, trifft schon eher zu: Es ist tatsächlich das Bett, das sich sportlich betätigt, aber nicht der Nutzer.
Allerdings scheiden sich an PowerSleep die Geister. Während unsere redaktionsinternen Testopfer die 140 beats per minute mit einem schummrigen und keineswegs angenehmen Gefühl zurückließ, verweilten andere Messebesucher eine gefühlte Ewigkeit im Wackelbett und schienen dabei nicht unglücklich. In Taiwan sei es längst etabliert, sagt Heinig.
Interessant ist das, was bei sämtlichen Bettenherstellern auffällt, die mit der Gesundheitsförderung werben: Es geht um Rückenschmerzen, Verspannungen, mangelnde Durchblutung und dergleichen mehr. Die Lösung soll in Form von mal mehr mal weniger überzeugend medizinisch ausgerichteten Produkten daherkommen. Bekämpft werden damit Symptome anstelle von Ursachen. Die Ursache ist die heutige Lebensweise zwischen Junkfood und Bürostuhl, gekoppelt mit psychischem Stress. Es ist nicht unbedingt ungesund, das „falsche“ Bett zu haben. Unter Umständen kann das ein Faktor sein, aber es ist stets ein kleiner. Man sollte nicht so bequem sein, seine Gesundheit einem Bett anzuvertrauen. Es ist gut, dass es in Kliniken und Pflegeeinrichtungen entsprechende Instrumente gibt, aber soweit muss es gar nicht kommen. Ein Bett mit diesen oder jenen Eigenschaften ist ein Luxusprodukt, das allerhöchstens eine nette Ergänzung sein kann zu dem wirklichen Luxus eines gesunden Lebensstils. Diese Botschaft hört man auf der IMM freilich eher selten. Die Gesundheit muss sich hier dem Business unterwerfen.
