Swissfley-Synchron

© Recticel Bedding AG

„Alle sieben bis zehn Jahre sollte man die Matratze wechseln“, sagt Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Fachverbandes der Matratzenindustrie e.V. Diese Spanne wird auch aus gesundheitlichen Gründen empfohlen. Denn Nacht für Nacht nimmt jede Matratze etwa einen halben Liter Körperflüssigkeit pro Person auf. Das animiert natürlich – den Endkunden dazu, ins Geschäft zu marschieren, die Hersteller dazu, sich im Imagekampf um die Kundschaft gegenseitig zu überbieten.

Auf der imm cologne ist das auch in diesem Jahr wieder in geballter Form zu beobachten. Zahlreiche Hersteller von Matratzen und auch von Lattenrosten und Bettunterfederungen stellen ihre neuen oder vermeintlich neuen Entwicklungen vor. Die Vielfalt kann beim Kunden rasch zu Verwirrung führen. Daher gilt es, genauer hinzuschauen und sich nicht blenden zu lassen. Das gilt sowohl für Matratzen unterschiedlichster Systeme, als auch für Lattenroste und Bettunterfederungen.

Der Schweizer Hersteller Rectical Bedding kündigte zur Messe für seine Marke swissflex eine absolute Neuheit an. Das System, das sich sehr technisch Synchron-Präzision nennt, sieht zugegebenermaßen aufwändig aus (siehe Bild). Matratze und Unterfederung sollen durch „interaktives Zusammenspiel“ perfekt auf den Körper abgestimmt sein. Einzelne bewegliche Elemente in der Matratze, die unverbunden bleiben (rot) sollen „millimetergenau“ auf die entsprechenden Elemente der Unterfederung abgestimmt sein, und so Druckpunkte gar nicht erst entstehen lassen. Im Grunde ist die Idee nur optisch neu. An der dahinterstehenden Überlegung der optimalen Anpassung des Bettes an den Körper arbeiten sich unzählige Hersteller seit Jahrzehnten ab. Natürlich tut jeder so, als sei seine Lösung das Nonplusultra. Das Liegegefühl auf „Synchro“ ist derweil von ähnlichen Systemen nicht zu unterscheiden, und die Frage, welchen Effekt die „interaktiven Elemente“ noch haben, wenn man anders liegt und sie eben nicht mit den Körperpartien nutzt, für die sie bestimmt sind, steht im Raum. Ähnlich wie die Lumba-Unterstützung im Wasserbett dienen solche „Neuheiten“ im Wesentlichen dazu, dem Endverbraucher das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sieht schön aus, besonders im Querschnitt, hebt sich aber aus der Masse nicht wirklich hervor.

Eben an diesem Problem kranken nahezu alle sogenannten Innovationen. Sie sind letzten Endes Spielchen fürs Auge oder für Detailfreaks. Dem so oder so recht ausgereiften Grundprodukt Bett in seinen zahlreichen Varianten fügen sie nichts Wesentliches hinzu. Es geht hier einzig und allein um den Kampf, die Aufmerksamkeit des Kunden zu gewinnen.

Ähnlich mutet die Vielfalt von evoteks aus Istanbul an: Eine ganze Kaskade von Matratzen und Bezügen wird präsentiert – unterschiedliche Eigenschaften für Jedermann. Von der wärmenden zur kühlenden Matratze bis zum Stoff, der Chitinelemente enthält (was immer es bringen soll), ist alles vorhanden.

Auch Dunlopillo will auf diese Weise glänzen: im Jahr 2010 wird der nicht zum ersten Mal präsentierte Aerial-Komfortschaum mit den Adjektiven „hightech“ und „weiterentwickelt“ garniert, und natürlich legt man auch hier, wie überall, hohen Wert auf Punktelastizität – „ergonomisch perfektes Liegen“ eben. „Größtmöglich“ ist die Punktelastizität auch bei Relax. Sowohl mit Lamellen, als auch mit Federkörpern. Patentiert natürlich. Dass das Adjektiv „patentiert“ überhaupt als Werbeargument herhalten kann liegt daran, dass es nicht Allgemeingut ist, dass jeder so ziemlich alles patentieren lassen kann, was sich auch nur minimal von etwas bereits Dagewesenem unterscheidet. Überspitzt ausgedrückt. Obendrauf legt Relax Kaltschaummatratzen und Naturlatex und liegt damit ganz im Ökotrend.

Um kein falsches Bild aufkommen zu lassen: Die Liegeeigenschaften all der erwähnten Produkte sind gut, sind angenehm. Ob sie ihre Versprechen halten, lässt sich nach kurzem Probeliegen auf einer Messe aber kaum sagen. Es ist zweifellos wichtig, dass die Schlafunterlage eine gleichmäßige Anpassung an die Druckpunkte des Körpers gewährleistet, und dass die Wirbelsäule möglichst gerade bleibt. Was diese Frage angeht sollte man sich aber nicht auf bunte Werbeslogans oder möglichst komplex aussehende Matratzenquerschnitte verlassen, sondern auf das, was der eigene Körper verrät. Die individuell am besten geeignete Unterlage findet man weiterhin nur im Selbstversuch. Also: Hinlegen und ausprobieren. Das empfiehlt übrigens auch Ulrich Leifeld.