Jeder vierte Erwachsene leidet gelegentlich unter Ein- oder Durchschlafstörungen. Circa 15 Prozent aller Erwachsenen müssten aufgrund ihrer Schlafprobleme ärztlich oder psychologisch behandelt werden; doch nur ein Bruchteil dieser Menschen befindet sich tatsächlich in Behandlung. Oft gehen Betroffene erst zum Arzt, wenn der Leidensdruck enorm groß geworden ist. Viele leben mit ihren Schlafstörungen bis zu 20 Jahre, ohne die Notwendigkeit oder Möglichkeit zu sehen, sie behandeln zu lassen.

Leider ist es mit dem Gang zum Arzt auch meist nicht getan. Ein gestörter Schlaf kann eine Vielzahl von unterschiedlichen Ursachen haben. 88 verschiedene Schlafstörungen mit entsprechenden Behandlungsprogrammen werden in der modernen Schlafmedizin unterschieden. Da hilft nur, den Schlaf des einzelnen Patienten in einem eigens dafür konzipierten Schlaflabor zu überwachen und ggf. anschließend in einer Schlafschule das Schlafen ganz neu zu erlernen.

In Deutschland gibt es derzeit etwa 300 Schlaflabore und Schlafkliniken, die auf die Erforschung und Behandlung von Schlafstörungen aller Art spezialisiert sind. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) bietet auf ihrer Internetseite www.dgsm.de eine Deutschlandkarte mit allen Einrichtungen im Bundesgebiet. Die Behandlung im Schlaflabor wird normalerweise von der Krankenkasse übernommen; allerdings sollten sich die Betroffenen darüber sicherheitshalber zuvor informieren, damit eine hohe Rechnung später nicht zusätzlich zu schlaflosen Nächten führt.

Im Allgemeinen werden im Schlaflabor die physiologischen Funktionen im Schlaf untersucht. Dazu werden Hirn- und Muskelaktivität, Augenbewegungen, Atmung über Mund und Nase, Schnarchintensität, Herzfrequenz und Beinbewegungen gemessen und aufgezeichnet. Um an diese Daten zu kommen, wird der Patient mit Elekroden an verschiedenen Körperstellen versehen. Außerdem können Gurte mit Dehnungssensoren über der Brust angebracht werden, die die Atmungsanstrengung messen. Manchmal wird der Schlaf auch auf Video aufgezeichnet, um ihn in seinen einzelnen Phasen genau beobachten und bewerten zu können.

Ist der Typ der Schlafstörung auf diese Weise identifiziert, können manche Patienten aufatmen, da sich dann recht schnell eine erfolgreiche Behandlung anschließen kann. Doch oft bleibt die mühsame Suche nach den Ursachen sowie einer Therapie, die die gewünschte Linderung bringt. Vielfach ist in den letzten Jahren fest gestellt worden, dass die Menschen das Schlafen bzw. die Fähigkeiten, die unbedingte Voraussetzungen für erholsamen Schlaf sind, einfach verlernt haben. Dazu gehört die Fähigkeit loszulassen und wirklich zu entspannen. Hier setzt das Programm verschiedener Schlafschulen und Schlafkliniken an.

Ganzheitliche Therapie und Beratung ist da zumeist das Zauberwort. So erhalten die Schlafschüler von erfahrenen Schlafforschern und -medizinern Tipps und Anregungen zu Ernährung, Schlafumgebung, Entspannungsverfahren sowie pflanzlichen und medikamentösen Hilfsmitteln. Außerdem hilft die Schlafschule dabei, besser mit dem eigenen Biorhythmus umzugehen bzw. ihn überhaupt erstmal kennen zu lernen. Auch Bewegung gehört zum Programm, denn nur wer tagsüber ausreichend aktiv ist (physisch wie psychisch) hat am Abend die notwendige Bettschwere für eine erholsame Nacht.

Als Start in ein neues „Schlafleben“ kann eine mehrwöchige Schlafkur in einer entsprechenden Klinik dienen. Besonders bei Patienten, die über Jahre nicht richtig geschlafen haben, wird hier der Schlaf zunächst künstlich, d.h. medikamentös herbeigeführt. Nach und nach werden diese Medikamente dann abgesetzt und der Patient so langsam an seinen persönlichen Schlafrhythmus herangeführt. Begleitet werden diese Maßnahmen stets durch Bewegungstherapien und psychotherapeutische Gespräche. Schlafprobleme sind meistens komplexer Natur und haben oft mehrere Ursachen. Um tatsächlich herauszufinden, was dem Patienten fehlt und vor allem, was sein Leiden heilen kann, ist ein interdisziplinäres Behandlungsspektrum unerlässlich.

Autor: Michael Babilinski